Ungarisch zu lernen war für mich vermutlich nicht schwerer als für einen Ungarn das Erlernen der deutschen Sprache, denn die Entfernung ist die gleiche. Womöglich war für mich der Schock beim ersten Kontakt und Bewusstwerden größer, denn bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich es noch nie mit einer so sonderbaren, nicht indogermanischen Sprache zu tun gehabt. Bei meinem ersten (ziemlich blauäugigen) Versuch, ungarische Sätze ins Deutsche zu transferieren, hätte ich das frisch erstandene, kleine Wörterbuch am liebsten in die Ecke pfeffern wollen, weil ich darin vergebens nach vielen Wörtern suchte. Der nächste Schock ereilte mich in Form einer deutschsprachigen Grammatik des Ungarischen. Dort erfuhr ich, dass es im Ungarischen mindestens 18 Fälle gibt. Eine wahnwitzige Herausforderung!
Später erhellte sich die Sache einigermaßen, als ich anfing, dass äußerst effektive und logische ungarische Bauklötzchen-Silben-System zu durchschauen, bei dem man in immer neuen Variationen Wörter bzw. Wortstämme mit den verschiedensten Suffixen behaftet, um deren Sinn zu verändern. Das Ergebnis ist ein Komprimat von ungeheurer Bedeutungsdichte, ein sprachlicher Gliederfüßer, den der Sprachliebhaber dann genüsslich in seine Segmente zerstückeln kann. Die extremsten derartiger Wortungetüme sind schwer übersetzbar.
Ein schönes Beispiel aus dem Internet für ein solch langes und trotzdem sinnvolles Gebilde ist das Wort: legeslegmegengesztelhetetlenebbjeitekéiből
Hierzu liefert die Quelle auch einen möglichen Kontext, der folgenden Translationsversuch gestattet:
(eins) von denen eurer AllerunerbittlichstenEin schönes Beispiel aus dem Internet für ein solch langes und trotzdem sinnvolles Gebilde ist das Wort: legeslegmegengesztelhetetlenebbjeitekéiből
Nicht ohne Grund halten sowohl Deutsche als auch Ungarn ihre Muttersprache für eine schwere Sprache und das erfüllt beide Seiten mit einem gewissen Stolz. Anlass zu dieser Meinung sind sicher auch die Klagen der sich plagenden Deutsch- bzw. Ungarischlernenden.
Dass für Engländer Deutsch leichter als Ungarisch zu erlernen ist, verwundert kaum. Dass Deutsch zu den seltsamsten, merkwürdigsten Sprachen gehört, Ungarisch wiederum von Linguisten als eine der "normalsten" Sprachen angesehen wird, ist aber nicht für jeden so ganz einfach nachzuvollziehen. Logischerweise müsste es demzufolge für Deutsche leichter sein, Ungarisch zu lernen, als umgedreht.
Eine ganz andere Frage ist es, wie eine Sprache auf andere wirkt. Über die ungarische Sprache haben Deutsche schon mehrfach sinniert und ihre Gedanken auch in Schrift und Film kundgetan. Dazu mehr in einem späteren Beitrag.
Ungarischunkundigen, die sich zufällig auf diesen Blog verirrt haben, möchte ich zurufen: Lernen Sie doch mal eine "normale" Sprache, lernen Sie Ungarisch!
Zum Schluss ein Ohrenschmaus für alle SprachHunG(e)rigen, eine Perle der ungarischen Sprach- und Sprechkunst: "Gebet eines Kamels", erdacht vom genialen ungarischen Wortakrobaten József Romhányi, kongenial vorgetragen von Schauspieler Péter Haumann:
(Übersetzungsversuche siehe hier und hier)
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